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Forschung
Mit Malariatest zum Start-up
Forschung
Mit Malariatest zum Start-up
Gabriela Figueroa Miranda (r.) und Viviana Rincón Montes wollen ein innovatives Malaria-Testgerät auf den Markt bringen.
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Malaria ist eine der weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Ein innovativer Schnelltest aus Jülich kann sie schnell und sicher erkennen. Das erhöht die Chancen auf Heilung.
Ein kleiner Piks mit der Nadel in den Finger reicht aus: Das neue Testgerät analysiert den hervorquellenden Blutstropfen und stellt sofort fest, ob die Testperson Malaria hat – ebenso einfach und schnell wie bei Blutzuckertests. Weltweit erkranken jährlich rund 220 Millionen Menschen an Malaria, meist in Afrika. Über eine halbe Million Menschen sterben, vor allem Kinder unter fünf Jahren, so das Robert Koch-Institut.
Bild oben: Gabriela Figueroa Miranda (r.) und Viviana Rincón Montes wollen ein innovatives Malaria-Testgerät auf den Markt bringen.
Eine der wirksamsten Strategien, um daran etwas zu ändern, wären flächendeckende Schnelltests. Wenn eine Infektion mit einem Malaria-Parasiten rechtzeitig erkannt wird, kann sie behandelt und geheilt werden. Die Biomedizintechnikerin Dr. Gabriela Figueroa Miranda vom Institut für Biologische Informationsprozesse (IBI-3) entwickelt einen neuen Biosensor, mit dem Hausärzte oder sogar Patienten eigenhändig und ohne komplizierte Vorbehandlung einen Test machen können. „Das Gerät soll von jeder Person zu Hause, in Schulen und Krankenhäusern leicht bedient werden können. Es besteht aus einem Einweg-Chip-Sensor, der in den Tropfen Blut des Patienten getaucht wird, und einem kleinen, wiederverwendbaren tragbaren Lesegerät, das ein Arzt jederzeit in seiner Kitteltasche dabei haben kann“, so Figueroa-Miranda.
Die sicherste Nachweismethode sind bislang PCR-Tests, die sind jedoch für einen schnellen Nachweis wenig geeignet. Sie erfordern Reinigungsschritte, Analysegeräte, Reagenzien und sind zudem zeitaufwendig. Andere Schnelltests, die Malaria mit Antikörpern nachweisen, liefern erst ab 200 Parasiten pro Mikroliter zuverlässige Ergebnisse. Dem Malaria-Biosensor der Jülicher Forschenden gelingt es, bereits 50 Parasiten pro Mikroliter nachzuweisen und damit die von der Weltgesundheitsorganisation geforderten Standards zu übertreffen.
Stechmücken der Gattung Anopheles übertragen Malaria von Mensch zu Mensch. Kleine Helfer
Bei ihrem neuen Schnelltest setzt Figueroa Miranda auf sogenannte Aptamere, an denen sie seit sechs Jahren forscht. Hinter diesem etwas sperrigen Namen verbirgt sich ein künstlich erzeugtes DNA-Molekül, das sich – ebenso wie Antikörper – an Proteine haftet und dabei ein messbares Signal erzeugt. Die Forscherin nutzt einen speziellen Aptamer, der Malaria erkennt. Er heftet sich an Proteine der Plasmodium-Parasiten, die die fieberhafte Erkrankung auslösen. Im Gegensatz zu Antikörpern in bisher üblichen Schnelltests sind Aptamere über lange Zeit sehr stabil und unempfindlich gegenüber Umwelteinflüssen.
Um aus der Grundlagenforschung ein marktfähiges Produkt zu machen, plant die Wissenschaftlerin, zusammen mit ihrer Kollegin Dr. Viviana Rincon Montes ein Start-up zu gründen: „Ich wollte nicht nur einen Biosensor im Labor entwickeln, sondern ein tragbares Gerät in die Serienreife bringen“, so Figueroa Miranda. Schon jetzt arbeiten die beiden daran, aus dem derzeitigen Laborgerät einen handlichen Prototyp zu machen – etwa in der Größe eines Blutzuckermessgeräts.
Vom Labor in die Praxis
Ihr Schnelltest soll in Ländern eingesetzt werden, die besonders unter Malaria leiden, vor allem in Afrika, Asien und Südamerika. Also hat sie NGOs, Forschungsinstitute und Kliniken befragt, was wichtig ist, damit er auch angenommen wird. „Unser Test erfüllt alle genannten Kriterien. Er ist robust, einfach zu bedienen, zeigt genaue Werte an und ist außerdem kostengünstig“, sagt Figueroa Miranda. Und es gibt noch einen weiteren Vorteil. Bei den bisherigen Tests weiß der Getestete lediglich, ob er infiziert ist oder nicht. Ihr neuer Test verrät aber auch, wie hoch die Menge des Erregers ist und welche der beiden häufigsten Erregerarten im Blut leben – und das schon im frühen Krankheitsstadium. „Mit diesem Wissen kann der Arzt den Patienten schneller und gezielter medikamentös behandeln“, stellt die Jülicher Forscherin klar. Das kann Leben retten.
Katja Engel
Projektvorstellung der Forscherinnen beim diesjährigen Jülicher Vortragsabend zum Jahresabschluss finden Sie hier.
Dem von Gabriela Figueroa Miranda entwickelten Sensor reicht ein Tropfen Blut, um Malaria schnell, einfach und sicher zu erkennen. Gold erkennt Erreger
Winzige Goldkügelchen liegen auf einem Glasträger – bedeckt mit einem Tropfen Blut. Ab und zu leuchtet ein kleiner Lichtblitz auf. „Das ist das Zeichen, dass die Kügelchen gerade ein Protein des Malaria-Parasiten aufgespürt haben“, sagt Dr. Dirk Mayer (Bild), Gruppenleiter am Institut für Biologische Informationsprozesse (IBI-3). Auch er arbeitet an Verfahren zur Malariaerkennung, geht aber einen anderen Weg als seine Kollegin Gabriela Figueroa Miranda. Sein Ziel ist kein Test-Kit für schnelle Diagnosen vor Ort, sondern ein Konzept für ein grundlegend neues Verfahren, um schon kleinste Erregermengen nachzuweisen. Statt elektrischen Signalen misst er optische. Dazu nutzt er kleine Metallkugeln, auf denen er Antikörper und Aptamere als eine Art Spürhunde befestigt. Entdecken die einen Malariaerreger, entsteht ein winziger Lichtblitz. „Die Kugeln sind im Raster von Bienenwaben angeordnet. Dieses Wabenfeld verstärkt die kleinen Lichtblitze, sodass schon geringste Spuren einer Infektion optisch angezeigt werden“, erklärt er. Sein Verfahren erkennt eine Erkrankung bei 50 Malaria-Parasiten in einem Mikroliter Blut. Es misst im Vollblut ohne komplizierte Vorbehandlung und ist damit einfacher und schneller als ein PCR-Test.
Ein weiterer Vorteil: „Das Verfahren funktioniert prinzipiell auch bei Hochdurchsatz-Messungen, bei denen Zehntausende Proben gleichzeitig automatisiert getestet werden“, erläutert der Jülicher Forscher. So könnten damit auch schnell viele Blutproben gleichzeitig auf andere durch Viren und Bakterien ausgelöste Erkrankungen getestet werden, etwa Grippe oder Covid-19.
Dr. Dirk Mayer
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