Bioreaktoren sind wie kleine Fabriken. Dort rackern aber keine Arbeiter an schweren Maschinen, sondern winzige Bakterien, die eine erstaunliche Vielfalt von Stoffen verwerten und produzieren. Um maximale Leistung zu erbringen, müssen sich die Winzlinge besonders wohlfühlen. Sie benötigen dazu spezielle Lebensbedingungen.
Neue Verfahren in Bioreaktoren fangen ganz klein an: Forschungsreaktoren haben oft nur das Volumen eines Maßkrugs. Der Sprung in eine mitunter hunderttausendfach größere Industrieanlage läuft jedoch nicht immer reibungslos. Die Durchmischung in einem großen Kessel ist beispielsweise schwieriger und damit die konstante Nährstoffversorgung und Temperatur an jeder Stelle. Wechselnde Bedingungen der Umgebung können jedoch zu unerwünschten Reaktionen der Bakterien führen. Forschende versuchen daher schon im Labormaßstab die Bakterien auszusortieren, die zu empfindlich auf Schwankungen reagieren.
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olympisches Schwimmbecken
Forschung und Industrie züchten in Bioreaktoren unterschiedliche Bakterien für verschiedene Zwecke. Jülicher Forschende setzen unter anderem auf diese Arbeiter.
Corynebacterium glutamicum
ist ein wichtiges Arbeitspferd der Forschung und der biotechnologischen Industrie. Mit seiner Hilfe werden jährlich mehrere Millionen Tonnen Aminosäuren für Infusionslösungen und Futtermittelzusätze hergestellt. Das Bakterium mag Glukose und Temperaturen um die 30 Grad Celsius und einen neutralen pH-Wert von 7. Und es hält mehrere Minuten ohne Sauerstoff aus, ohne dass seine Leistung nachlässt. Jülicher Forschende nutzen es, um aus Pflanzenabfällen den für die Industrie interessanten Rohstoff Xylonat herzustellen. Dazu haben sie ihm die Spezialfähigkeit eines anderen Bakteriums übertragen: Caulobacter crescentus (siehe hier).
Pseudomonas putida
Ein Bodenbakterium, das sogar von Koffein leben kann. Begehrt sind bei Biotechnologen seine Fähigkeiten, erdölbasierte Moleküle zu knacken und so selbst schwierige Stoffe wie Polyurethan bakteriell zu recyceln. Aus diesem Stoff werden unter anderem Kaltschaummatratzen oder Sportschuhe hergestellt. In Jülich soll das Bakterium zum Beispiel helfen, PET abzubauen.
Escherichia coli
Ein Darmbakterium, das beim Menschen zum Beispiel für die Produktion von Vitamin K zuständig ist. Biotechnologen nutzen den Organismus, um Feinchemikalien, Enzyme oder Arzneistoffe, etwa Insulin, herzustellen. Auch Jülicher Forschende produzieren damit Enzyme, die zum Beispiel in der Wirkstoffherstellung als Biokatalysatoren eingesetzt werden können.