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Forschung
Vom Abort auf den Acker
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Vom Abort auf den Acker
Äthopiens Landwirtschaft produzierte 2015 Überschüsse. Durch die schwere Dürre 2016/17 herrscht jedoch wieder eine Hungersnot.
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Äthiopien ist arm – jeder zweite Mensch dort ist unterernährt. Das soll ein besonderer Dünger ändern: Kompost aus menschlichen Exkrementen kombiniert mit Biokohle. Jülicher Forscher wollen damit den Ertrag auf den Feldern verbessern und so für mehr Nahrung sorgen. Nebenbei könnte dieser Dünger die Treibhausgasemissionen senken.
Mit Kuhmist Möhren-, Kartoffel- oder Salatfelder düngen? Vollkommen normal. Aber menschliche Exkremente als Dünger? Beim Gedanken daran mag sich so mancher schütteln. Und doch könnte dies manchen Regionen ermöglichen, die Ernteerträge zu steigern und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Etwa in Äthiopien. In dem Land im Nordosten Afrikas kommt es immer wieder zu Hungersnöten. Die dortigen Kleinbauern sind oft so arm, dass sie sich keinen Dünger leisten können, um mehr aus ihren Feldern herauszuholen.
Bild oben: Äthopiens Landwirtschaft produzierte 2015 Überschüsse. Durch die schwere Dürre 2016/17 herrscht jedoch wieder eine Hungersnot.
So skurril die Idee auch anmuten mag – neu ist sie nicht: Bereits vor 5.000 Jahren setzten Bauern auf diese Art des Düngens. Wie sie heute den Menschen in Äthiopien helfen könnte, untersuchen Jülicher Forscher vom Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-3) mit Partnern im Projekt ClimEtSan, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). „Wir analysieren auf einer Versuchsfarm auf dem Campus der Universität Hawassa im Süden Äthiopiens, wie sich eine solche Düngung auf die Ernährungslage der Bevölkerung und die Treibhausgasemission auswirkt“, erklärt Projektleiterin Dr. Katharina Prost. „Der Literatur zufolge sollten sich beide Werte signifikant verbessern – denn theoretisch sind die nährstoffreichen menschlichen Fäkalien als Dünger effektiver als der Mist von Tieren. Und indem die Fäkalien kompostiert werden, setzen sie weniger Treibhausgase frei.“ Die Versuchsfarm wird momentan aufgebaut. Sie umfasst unter anderem Kompostieranlagen, Feldversuche und Labore. Entwicklungshelfer, Kleinbauern und andere Interessierte sollen sich dort künftig über die besondere Düngeart informieren können.
Funktioniert alles wie erhofft, wollen die Forscher Feldversuche zusammen mit den Kleinbauern starten. Der künftige Dünger kommt dann aus dem Klo, konkret: einem Plumpsklo. Urin und Kot landen dort in einem Eimer. Um Gerüche und Flüssigkeiten zu binden, ist dieser mit einer Schicht aus Sägemehl oder Biokohle gefüllt. Biokohle ist ebenfalls ein Abfallprodukt und entsteht beim Kochen in Lehm-Öfen. Diese zehn Euro teuren Öfen sollen die traditionellen offenen Feuerstellen ersetzen. Für die Bauern eine langfristig rentable Investition, da eine offene Feuerstelle zum Kochen dreimal so viel Holz verbraucht wie ein Ofen – Holz ist in dem Land Mangelware und somit teuer. Außerdem emittiert der Ofen weniger Treibhausgase und qualmt nicht so wie eine offene Feuerstelle. Das Abfallprodukt Biokohle bindet aber nicht nur Gerüche: Sie erfährt momentan einen Hype als Super-Bodenhilfsstoff – und soll im Projekt ClimEtSan durch die gemeinsame Kompostierung mit den menschlichen Exkrementen die Düngeleistung des Kompostes zusätzlich erhöhen und Treibhausgasemissionen vermindern.
Janine van Ackeren
Projektpartner
Forschungszentrum Jülich (Koordination
Wondo Genet College of Forestry and Natural Resources (Hawassa University), Äthopien
Beuth-Hochschule für Technik, Berlin
Pro Lehm – Fachbetrieb für Lehmbau
Ecopia – Ecological Products of Ethiopia, Äthiopien
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