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Forschung
Parkinson-Puzzleteil gefunden
Die Parkinson-Krankheit beginnt kaum merklich im Gehirn und wirkt sich nach und nach auf den ganzen Körper aus. Forscher:innen haben in einer Langzeitstudie Muster gefunden, wie die Krankheit über die Jahre das regionale Gehirnvolumen verändert.
Bei der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson werden Nervenzellen aus unbekannten Gründen in bestimmten Hirnregionen abgebaut. „Die Forschung zu Parkinson ist wie ein riesiges Puzzle, jede Studie liefert ein neues Teil. Hoffentlich können wir eines Tages die Teile zusammensetzen, um die Krankheit zu heilen oder ihr vorzubeugen“, sagt Dr. Peter Pieperhoff vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1). Gemeinsam mit Kolleg:innen aus Jülich, von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam hat er ein weiteres Puzzleteil hinzugefügt: Sie fanden ein spezifisches regionales Muster von Volumenänderungen im Gehirn von Parkinson-Patienten. Die Wissenschaftler:innen konnten außerdem nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Abnahme des Hirnvolumens in bestimmten Bereichen und dem Fortschreiten der für Parkinson typischen Symptome gibt.
Peter Pieperhoff erforscht neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson.
Für ihre Studie hatten die Forscher:innen seit 2005 insgesamt 37 Parkinson-Patienten und 27 gesunde Menschen untersucht: Mithilfe der Magnetresonanztomographie wurden deren Gehirnvolumina an bis zu 15 unterschiedlichen Zeitpunkten in einem Zeitraum von bis zu fast neun Jahren bestimmt. „Frühere Studien hatten die Volumina entweder nur zu weniger Zeitpunkten oder über kürzere Zeiträume untersucht“, erklärt Pieperhoff. Die regionalen Veränderungen der Gehirnstruktur berechneten die Forschenden mithilfe neuroanatomischer Atlanten wie dem Julich Brain Atlas. „Am Ende konnten wir ein sehr spezifisches Muster von Volumenänderungen bei den Erkrankten erkennen. Dieses Muster unterschied sich im Laufe der Zeit immer deutlicher von dem der gesunden alternden Probanden“, berichtet Pieperhoff.
Gleichzeitig bestätigten die Ergebnisse eine Studie des Neuropathologen Prof. Heiko Braak aus dem Jahr 2003. Der hatte Gehirne von verstorbenen Parkinson-Patienten mikroskopisch untersucht und anhand der Daten den Krankheitsverlauf in sechs Stadien unterteilt: „Es gibt eine frappierende Übereinstimmung zwischen beiden Studien“, so Pieperhoff. Die Forscher:innen wollen nun die von ihnen entwickelten Methoden bei größeren Patientengruppen anwenden – in der Hoffnung, das nächste Puzzleteil zu finden.
Katja Lüers
Die Parkinson-Krankheit
Bei Parkinson sind vor allem die Basalganglien – speziell die Substantia Nigra – betroffen. Diese spezielle Gruppe von Nervenkernen im Gehirn ist für die Bewegungskoordination zuständig. Je mehr Nervenzellen im Laufe der Erkrankung sterben, umso stärker die Symptome: langsame, steife Bewegungen, Zittern, aber auch Depressionen, Demenz oder körperliche Probleme wie Schlafstörungen treten auf. Auch psychiatrische Symptome wie Wahnvorstellungen und aggressives Verhalten können – vor allem im späteren Krankheitsverlauf – auftreten. In Deutschland sind etwa 250.000 bis 400.000 Menschen betroffen. Laut Deutscher Parkinson Vereinigung leidet einer von Hundert 60-Jährigen an Parkinson.
Jülicher Hirnatlanten
Julich-Brain Atlas …
heißt der erste 3D-Atlas des menschlichen Gehirns, der die Variabilität der Gehirnstruktur mit mikroskopischer Auflösung abbildet. Über 240.000 Hirnschnitte haben Forscher digitalisiert, in 3D zusammengesetzt und kartiert. Über die digitale Infrastruktur EBRAINS des Human Brain Projects können Forschende den Atlas nutzen, um Daten zur Funktion mit der Struktur des Gehirns zu verknüpfen.
https://julich-brain-atlas.de/atlas
BigBrain …
ist eine 3D-Rekonstruktion eines einzigen menschlichen Gehirns aus über 7.400 einzelnen Gewebeschnitten mit einer Auflösung von 20 Mikrometern. Mit dem Modell ist es möglich, in allen drei Ebenen des Raums die komplizierte Struktur des Gehirns auf mikroskopischer Ebene zu sehen und zu verstehen.
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