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Forschung
Solarenergie macht mobil
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Solarenergie macht mobil
15 Quadratmeter Solarmodule liefern einem StreetScooter Strom. Mit dem Demonstrator testen im Projekt STREET Partner aus Industrie und Forschung, darunter auch Jülich, derzeit den Einsatz von Photovoltaik bei Fahrzeugen. Mehr zum Projekt STREET und den beteiligten Partnern unter: https://go.fzj.de/STREET
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Der Verkehr ist für rund 20 Prozent der Treibhausgase verantwortlich, die in Deutschland ausgestoßen werden. Fahrzeuge sollen daher klimafreundlicher werden – zum Beispiel mithilfe von Solarzellen.
Schon Mitte der 1980er Jahre bauten Tüftler kuriose Autos, die mit Solarenergie fuhren. Damit bestritten sie Rennen wie die „World Solar Challenge“ quer durch Australien. Mit alltagstauglichen Serienfahrzeugen hatten diese Solarmobile keine Ähnlichkeit. Inzwischen jedoch ist das Konzept, Solarzellen etwa in das Autodach oder in Außenteile der Karosserie zu integrieren, bei etablierten Autoherstellern wie Toyota und Hyundai sowie bei Start-up-Unternehmen angekommen.
Bild oben: 15 Quadratmeter Solarmodule liefern einem StreetScooter Strom. Mit dem Demonstrator testen im Projekt STREET Partner aus Industrie und Forschung, darunter auch Jülich, derzeit den Einsatz von Photovoltaik bei Fahrzeugen. Mehr zum Projekt STREET und den beteiligten Partnern unter: go.fzj.de/STREET
Dafür gibt es Gründe: „Es sind immer mehr Hybrid- und Vollelektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Die können den Solarstrom direkt für den Antrieb nutzen“, erläutert Dr. Kaining Ding vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-5). Der gegenwärtige Trend hin zu Elektroautos bringe auch neuen Schwung in die Fahrzeug-integrierte Photovoltaik. Hinzu kommt: „Solarmodule sind inzwischen so kostengünstig und effizient, dass sich ihr Einsatz lohnen kann, um die Reichweite von Elektrofahrzeugen zu verlängern“, sagt der Forscher.
So will das deutsche Start-up-Unternehmen Sono Motors nach eigenen Angaben ab 2023 ein Auto in Serie produzieren, das wöchentlich durchschnittlich 112 Kilometer zusätzliche Reichweite durch Sonnenenergie gewinnen kann. Im Sommer bei viel Sonnenschein sollen die 248 Solarzellen des Autos, die in die Karosserie eingebaut sind, das Auto sogar bis zu 245 Kilometer pro Woche antreiben können.
Sonne effizienter nutzen
Solche Werte lassen sich wahrscheinlich noch steigern – mit einer neuen Generation von Solarzellen, die pro Quadratzentimeter Fläche mehr Strom aus Sonnenlicht gewinnen als die Standardzellen, die Wirkungsgrade um die 20 Prozent erreichen. So haben die Jülicher Photovoltaikexperten Zellen, deren Bauweise der Fachwelt unter dem Namen Silizium-Heterojunction (SHJ) bekannt ist, mit einem Wirkungsgrad von 24,5 Prozent entwickelt. Das ist deutscher Rekord für Solarzellen dieses Typs. Das Besondere: Dieser Rekord wurde mit Zellen in handelsüblicher Größe erreicht und nicht in einem kleineren Labormaßstab, wie er bei Wirkungsgradmessungen oft üblich ist.
SHJ-Solarzellen unterscheiden sich von Standardsolarzellen, die gegenwärtig mehr als 95 Prozent des gesamten Photovoltaik-Marktes ausmachen, vor allem durch ultradünne Schichten aus ungeordneten Silizium-Atomen, die einen Wafer aus kristallinem Silizium umhüllen. Die Schichten hemmen an den Wafer-Oberflächen die schnelle Rekombination der negativen und positiven Ladungsträger, die vom Sonnenlicht erzeugt wurden. Die Rekombination würde zu einem niedrigeren Wirkungsgrad führen.
Der Wirkungsgrad der SHJ-Solarzellen ist weniger temperaturabhängig als der von Standardzellen. Daher gewinnen die Solarzellen auch dann effizient Strom, wenn das Autodach, in das sie eingebaut sind, in der prallen Sommersonne 70 Grad Celsius warm wird. Andererseits stören auch Minusgrade nicht. Ein weiterer Vorteil mit Blick auf den Einsatz im Auto: „SHJ-Solarzellen lassen sich besonders dünn bauen, was SHJ-Module leichter und flexibler als herkömmliche Solarmodule macht“, so Kaining Ding.
Bei Nutzfahrzeugen, Lkw und Wohnmobilen steht mehr Fläche für Solarmodule zur Verfügung als bei Pkw. Das IEK-5 gehört zu einem Konsortium, das im Projekt STREET ein leichtes Elektro-Nutzfahrzeug mit Photovoltaik-Modulen ausrüstet. Eine Ökobilanz der Jülicher Forschenden hat ergeben, dass ein solches Fahrzeug bei einem mindestens achtjährigen Betrieb Umwelt und Klima weniger belastet als ein entsprechendes E-Fahrzeug, das seine Energie ausschließlich aus dem deutschen Stromnetz bezieht. „Wir erwarten, dass das E-Nutzfahrzeug des Konsortiums mehr als 30 Prozent der jährlichen Fahrleistung aus dem Strom der Photovoltaik-Module decken könnte, wenn es beispielsweise in München für die Paketzustellung eingesetzt würde“, sagt Kaining Ding.
farblich flexibel
Eine Sorge können die Jülicher Forschenden potenziellen Käufern von Solarelektroautos nehmen: Die Optik des Fahrzeugs muss nicht unter den Solarzellen leiden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, welche Zusammenhänge es zwischen der Dicke einer bestimmten Schicht der SHJ-Solarzelle und der Farbwahrnehmung durch das menschliche Auge gibt. Mit diesem Wissen könnten Solarzellen- und Autohersteller künftig sicherstellen, dass Solarmodule am Auto farblich einheitlich aussehen. So fallen sie weniger auf und können sogar als Designelement genutzt werden.
Frank Frick
© 2022 Forschungszentrum Jülich