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Nachrichten
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Atmosphärenchemie
Mehr Wissen zur Wolkenbildung
Ameisensäure und andere organische Säuren in der Atmosphäre tragen dazu bei, dass sich Aerosol-Partikel als Vorläufer von Regentropfen bilden. Sie beeinflussen somit die Wolkenbildung und unser Klima. Jülicher Forschende haben nun den chemischen Prozess entschlüsselt, bei dem der größte Teil der in der Atmosphäre vorhandenen Ameisensäure entsteht. Das ermöglicht es, Atmosphären- und Klimamodelle zu verbessern.
– Institut für Energie- und Klimaforschung –
Vorstandsmitglied Harald Bolt gestorben
Das Forschungszentrum Jülich trauert um Prof. Dr.-Ing. Harald Bolt. Er starb im Juli 2021 nach schwerer Krankheit im Alter von 60 Jahren. Der Materialforscher war seit 2008 Mitglied des Vorstands. „Er hatte großen Anteil an der strategischen Ausrichtung des Forschungszentrums und prägte nachhaltig die wissenschaftlichen Themen und die Positionierung der Energie- und Klimaforschung sowie der Bio- und Geowissenschaften. Wir verlieren mit ihm einen exzellenten Strategen und eine starke Persönlichkeit, die ruhig und ausgeglichen war, sehr humorvoll, und die stets ein offenes Ohr für jeden Einzelnen hatte“, würdigte Prof. Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich, den Verstorbenen. Das Forschungszentrum hat ein elektronisches Kondolenzbuch eingerichtet:
blogs.fz-juelich.de/zweikommazwei/2021/07/30/prof-dr-ing-harald-bolt-1960-2021-kondolenzbuch/Strukturbiologie
Protein ohne Wasser
Proteine benötigen normalerweise Wasser, um ihre Funktion wie etwa den Transport von Sauerstoff auszuüben. Polymere – das sind langkettige Moleküle – können das Wasser ersetzen. Wie sich die Proteine in der ungewohnten Umgebung bewegen und steuern lassen, hat ein internationales Forschungsteam am Muskelprotein Myoglobin erkundet. Dafür nutzte es das Neutronen-Rückstreuspektrometer SPHERES, welches das Forschungszentrum Jülich am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in München betreibt. Die Protein-Polymer-Kombination könnte in der Medizin helfen, Zellen von Herzinfarkt-Patienten zu regenerieren.
– Jülich Centre for Neutron Science –
Hirnforschung
Orte des Verfalls
Strukturelle Veränderungen des Gehirns, die Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen verursachen, beginnen nicht an willkürlichen Stellen. Sie breiten sich auch nicht wahllos aus. Stattdessen verlaufen sie entlang von funktionellen Netzwerken, die im gesunden Gehirn aktiv sind, wenn der Mensch beispielsweise liest oder Bewegungen ausführt. Herausgefunden hat das ein internationales Team unter Jülicher Beteiligung mittels einer Meta-Analyse, bei der die Forschenden mehrere Studien zum gleichen Thema statistisch auswerteten.
– Institut für Neurowissenschaften und Medizin –
0,00Millionen Euro
erhält Prof. Ulf-G. Meißner als „Advanced Grant“ vom Europäischen Forschungsrat (ERC). Der Physiker, der in Jülich und Bonn forscht, beschäftigt sich mit der starken Wechselwirkung – eine Kraft, die unter anderem Neutronen und Protonen in Atomkernen zusammenhält. Mit der Förderung des ERC will er unter anderem erkunden, was passiert, wenn in Atomkernen die leichten Quarks, die Bestandteile von Neutronen und Protonen, durch Strange Quarks – auch seltsame Quarks genannt – ersetzt werden.
– Institute for Advanced Simulation –
Theoretische Physik
Kluft verringert, Rätsel geblieben
Das Myon gibt Physikerinnen und Physikern Rätsel auf. Das Elementarteilchen – ein kurzlebiger Cousin des Elektrons – erzeugt ein Magnetfeld um sich herum, dessen gemessener Wert größer ist als theoretisch erwartet. Die Fachwelt sieht darin einen Hinweis auf eine neue, unbekannte Physik. Doch die Kluft zwischen den beiden Werten ist vielleicht kleiner als bisher angenommen: Einzigartig präzise Berechnungen – zum größten Teil auf Jülicher Supercomputern – führten zu einem höheren theoretischen Wert. Davon unabhängige Messungen in den USA ergaben einen minimal geringeren experimentellen Wert. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob die Werte weiter angepasst werden müssen und ob tatsächlich eine neue Physik hinter der Abweichung steckt.
– Jülich Supercomputing Centre –
Mehr dazu im Interview mit Prof. Kalman Szabo:
go.fzj.de/SzaboVerschränkte Atome
Kopf oder Zahl? Wenn wir zwei Münzen in die Luft werfen, hat das Ergebnis des einen Münzwurfs nichts mit dem Ergebnis des anderen zu tun. Anders ist es bei Quantenteilchen: Sie können verschränkt sein und lassen sich dann nur noch gemeinsam beschreiben. Jülicher Forschenden ist es gemeinsam mit Partnern von der TU Wien gelungen, quantenverschränkte Atomstrahlen herzustellen. Diese könnten unter anderem helfen, künftig präzisere Sensoren etwa für Schwerkraftmessungen zu bauen.
– Peter Grünberg Institut –
NACHGEFRAGT
3 Fragen an Tommaso Calarco
Im Interview erläutert der Quantenphysiker Prof. Dr. Tommaso Calarco, welche Möglichkeiten sich durch die neue Methode zur Herstellung verschränkter Atomstrahlen ergeben.
Herr Professor Calarco, vor einiger Zeit hatten Sie ein neues Tempolimit für den Transport von Quanteninformationen mit Atomen veröffentlicht, kurz danach erschien Ihre Studie zur Verschränkung von Atomen – ein Zufall?
Ja, es ist tatsächlich purer Zufall, dass diese beiden Ergebnisse jetzt beinahe gleichzeitig entstanden sind. Auch diesen Experimenten in Wien ging eine jahrelange Vorbereitung voraus. Der entscheidende Punkt ist, dass es uns gelungen ist, nicht nur einzelne, sondern wirklich viele Atome zu verschränken und zielgerichtet auszusenden. Obwohl sich die Atome voneinander entfernen, ist ihr Zustand aufgrund der Quanten-Verschränkung weiter voneinander abhängig. In dieser Form war das bis jetzt nur mit Photonen möglich.Welche Möglichkeiten eröffnet die neue Methode?
Prinzipiell handelt es sich hier natürlich erst einmal um ein Ergebnis aus der Grundlagenforschung. Einerseits will man natürlich analoge Systeme realisieren wie mit Licht, um die Phänomene mit einem anderen System, nämlich mit Atomen, zu realisieren. Andererseits gibt es ja bereits Atomlaser, die kohärente Strahlen mit Atomen erzeugen, die alle die gleiche Geschwindigkeit haben und sich kohärent bewegen. Anwendungen dafür gibt es zum Beispiel in der Interferometrie, wo man winzige Felder misst. Im Prinzip sind damit äußerst genaue Sensoren möglich, etwa für Navigationssysteme, die sich durch die Verschränkung noch weiter verbessern ließen. Atome haben außerdem andere Eigenschaften als Photonen.Was ist an Atomen so besonders?
Photonen haben zum Beispiel keine Masse. Die Schwerkraft ist ihnen vollkommen egal, daher kann man sie auch nicht direkt zur Messung der Schwerkraft verwenden. Aber mit Atomen wäre das möglich, weil die eine Masse haben; und mit kohärenten Massezustände in Form von verschränkten Atomen ließe sich die Schwerkraft noch genauer messen. Es gibt ein französisches Quanten-Startup, Muquans, das entwickelt bereits Gravimeter basierend auf Atomen. Bis jetzt wird dafür noch keine Verschränkung genutzt, aber ich bin mir ziemlich sicher, mit verschränkten Atomen hätte man zusätzliche Vorteile.Neue Vorstandsmitglieder
Prof. Frauke Melchior und Dr. Astrid Lambrecht komplettieren den fünfköpfigen Jülicher Vorstand. Die Physikerin Astrid Lambrecht hat Anfang Juni ihr Amt angetreten. Vorher leitete die 54-Jährige in Paris den wissenschaftlichen Geschäftsbereich Physik des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS). Sie bringt darüber hinaus viel Erfahrung aus zahlreichen internationalen Wissenschaftsorganisationen mit. Ihre Forschung zu Quantenfluktuationen und den dadurch angeregten Kräften erstreckt sich von den Grundlagen bis zur Anwendung.
Bereits seit April im Vorstandamt ist Prof. Frauke Melchior. Die 58-jährige Biochemikerin forschte als Professorin am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg über die Steuerung zellulärer Prozesse durch das Protein SUMO. Als Mitglied im Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie als Dekanin an der Universität Heidelberg war sie auch im Wissenschaftsmanagement aktiv.
„Mir ist es besonders wichtig, bestehende interdisziplinäre Schnittstellen auszubauen und neue zu finden. Vergessen darf man dabei aber nicht, die Disziplinen selbst zu stärken, damit auch diese weiterhin Großartiges leisten können.“
Dr. Astrid Lambrecht
„Die Nachwuchsförderung von Promovierenden bis zu befristeten Gruppenleiterinnen und -leitern hat mich jahrelang als Thema begleitet und liegt mir sehr am Herzen.“
Prof. Frauke Melchior
Bilder: Forschungszentrum Jülich/Ralf-Uwe Limbach, Warwick Bromley, Volker Lannert/Uni Bonn, Uni Wuppertal/thavis gmbh, Hamara, Adisorn Saovadee, B. Franco et al, Ubiquitous atmospheric production of organic acids mediated by cloud droplets, Nature, May 2021, DOI: 10.1038/s41586-021-03462-x (CC BY 4.0)
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