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Forschung
Galaktische Unterstützung
Zwei Sommer lang hat es viel zu wenig geregnet. Dem Boden fehlt Wasser. Wie trocken das Erdreich ist, lässt sich mithilfe der kosmischen Strahlung herausfinden. „Cosmic Ray Neutron Sensing“ soll künftig auch zeigen, wie viel Wasser in Pflanzen steckt.
Es ist verblüffend: Da verenden vor Ewigkeiten, viele Millionen Lichtjahre entfernt, Sterne, und deren Explosion hilft heute, die Feuchtigkeit des Erdreichs auf unserem Planeten zu bestimmen. Genauer gesagt, hilft die kosmische Strahlung, die bei Sternexplosionen entsteht (1). Trifft diese auf die Erdatmosphäre, werden Neutronen erzeugt (2). Ein Teil rast mit hohem Tempo zur Erdoberfläche und dringt bis knapp einen Meter tief ein. An schweren Atomen im Boden, etwa Silizium, prallen die Neutronen ab (3). Treffen sie allerdings auf Wassermoleküle, geben sie einen Teil ihrer Energie an die leichten Atomkerne des Wasserstoffs ab. Das bremst die Neutronen (4). Je häufiger sie mit Wasserstoffatomen kollidieren, desto langsamer werden sie – bei vielen reicht irgendwann die Energie nicht mehr, um den Boden zu verlassen (5). „Daher sind über feuchten Böden deutlich weniger sogenannte schnelle Neutronen unterwegs als über trockenen“, erklärt Jannis Jakobi vom Jülicher Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-3).
Dieser Unterschied lässt sich mit einer speziellen Methode, dem „Cosmic Ray Neutron Sensing“, erfassen: „Wir nutzen dazu Neutronen-Detektoren auf Wiesen und Feldern sowie ein mobiles Messgerät in einem Kleintransporter (6). Mit diesem zählen wir – quasi im Vorbeifahren – die schnellen Neutronen (7) in Bodennähe und ermitteln so großflächig und vergleichsweise einfach die Bodenfeuchte“, erläutert Jakobi. Genauso wollen die Forscher künftig auch den Wassergehalt von Pflanzen messen, denn auch deren Wasserstoffatome bremsen die Neutronen. „Wir erfassen dazu mit einem weiteren Detektor (8) sogenannte langsame Neutronen (9) über dem Boden. Diese haben acht- bis zwölf Kollisionen mit Wasserstoffatomen hinter sich“, sagt Jakobi, „aus dem Verhältnis der langsamen zu den schnellen Neutronen wollen wir auf den Wassergehalt und die Biomasse von Bäumen und Ackerpflanzen schließen.“ Solche Informationen könnten etwa Landwirten helfen, die Bewässerung zu optimieren.
Janosch Deeg
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